Coole Designs und angesagte Labels gibt es wie Sand am Meer, aber Designer, die die Fashionbranche wirklich vorantreiben, sind eine rare Spezies. Einer der wenigen ist der erst vor einem Jahr zum Creative Director bei Diesel ernannte Glenn Martens. Passenderweise schließt sich damit für Martens der Kreis, war doch einer seiner ersten Käufe als Teenager Ende der 90er eine Diesel-Jeans. Mit Martens als kreative Spitze will die ursprüngliche „Designer-Denim“-Marke eine völlig neue Richtung einschlagen.
Wer ist Glenn Martens?
Der Creative Director von Diesel und Y/Project ist Teil der neuen Pariser Garde von Modedesignern, welche die Streetwear-Revolution anführen. Ihre konzeptionellen und zukunftsweisenden Kollektionen scheuen nicht vor Humor und Selbstironie. Martens stammt ursprünglich aus Brügge in Belgien. In die Modebranche brachte ihn aber eher ein Zufall.
Was hat Sie dazu inspiriert, Modedesigner zu werden?
“Nach dem Abitur hatte ich das Gefühl, etwas Kreatives machen zu müssen. Ich begann ein Innenarchitekturstudium, wo ich viele kreative Leute traf, die mir von einer berühmten Modeakademie in Antwerpen erzählten. Die Royal Academy of Fine Arts hat mich aufgenommen und ich habe mich sofort in diese Welt verliebt.“
Nach seinem Abschluss als Jahrgangsbester wurde Martens eine Stelle bei Jean Paul Gaultier als Junior Designer für die Womenswear Pre-Collection und die Meanswear-Linie G2 angeboten. 2012 hat er sein gleichnamiges Label gelauncht, das auf der Paris Fashion Week debütierte und drei Saisons lang bestand.
Martens übernahm 2013 die kreative Leitung von Y/Project, nachdem er als erster Assistent des ehemaligen Creative Director und verstorbenen Gründers der Marke, Yohan Serfaty, eingestiegen war. Im Oktober 2020 sorgte dann seine Einberufung als Creative Director bei Diesel für Aufsehen. Aber die Kombination von etablierter Brand und Martens’ Experimentierfreudigkeit war wohl genau das, was das Label gesucht hatte.
The Creative Director of Diesel and Y/Project, Glenn Martens is part of Paris’ new guard of fashion designers spearheading the streetwear revolution by injecting humor into conceptual, forward-thinking collections. Originally from Bruges, Belgium, Martens stumbled upon the fashion industry by accident.
Die Geschichte von Y/Project
Das Pariser Menswear-Label Y/Project wurde 2010 von Yohan Serfaty gegründet. Es war dafür bekannt, in kleinen Stückzahlen, aber hochqualitativ und individuell zu arbeiten. Mit seiner Ankunft im Jahr 2013 führte Martens eine Womenswear-Linie ein. Innerhalb weniger Saisons entwickelte sich das Streetwear-Label zu einer Marke, die sowohl Millennials als auch A-Lister gleichermaßen lieben. Das Designkonzept des Labels sind Drama und Düsterheit, gepaart mit spielerischen Proportionen und dekonstruierten Schnitten. Dabei geht es in den Kollektionen in erster Linie um Vielseitigkeit, Tragbarkeit und Gender Fluidity.
2017 wurde Martens mit dem ANDAM-Preis ausgezeichnet, einer der angesehensten internationalen Auszeichnungen der Modebranche. Neben dem Preisgeld von 280.000 Euro erhielt Martens dazu ein einjähriges Mentoring von Francesca Bellettini, CEO und Präsidentin von Yves Saint Laurent.
Y/Project hat mit zahlreichen Aufsehen erregenden Collabs auf sich aufmerksam gemacht, allen voran die Zusammenarbeit mit UGG. Schon kurz nach ihrem Debüt wurden die ikonischen Overknee-Stiefel beim Musikfestival Coachella 2018 an Rihanna gesichtet. “Etwas anders” ist da stark untertrieben. Die Stiefel dürften die Grenzen des konventionellen Stils überschritten haben – aber genau dafür kennen und lieben wir Martens.
In HW20 droppte Y/Project eine Collab mit der renommierten Outerwear-Brand Canada Goose. Die sechsteilige Unisex-Coat-Linie war verspielt und unkonventionell und spiegelte den konzeptionellen Geist belgischer Designer wider. Die dekonstruierten Jacken zeigten Martens' Fähigkeit, Klassiker in neuem Volumen neu zu erfinden: cosy und wetterfeste Outerwear mit umwerfenden Silhouetten.
Die Geschichte von Diesel
Seit der Einführung im Jahr 1978 ist Diesel Vorreiter, wenn es um alternativen Denim und provokante Werbekampagnen geht. Die italienische Brand ist dafür bekannt, eigene Wege zu gehen. Während andere Labels kontinuierlich den neuesten Trends hinterherjagen, blieb Diesel immer seinen Wurzeln treu. Jeans verpasste Diesel schon damals einen Used-Look mit charakteristischen Distressed- und Vintage-inspirierten Details. Dieser innovative und zugleich retrospektive Ansatz machte Diesel zum weltweiten Erfolg.
Die Fähigkeit des Labels Fans (und Nicht-Fans) zu überraschen, ist ungebremst. In den 90ern schaltete Diesel eine Werbekampagne, in welcher der Slogan "For Successful Living“ geboren wurde. Diesel-Gründer Renzo Rosso wollte damit ausdrücken, dass die Träger einer Diesel-Jeans Gewinner im Leben sind. Es war zweifellos eine der umstrittensten Kampagnen der Marke, die sich auch mit den Themen Rassismus, Waffengewalt und Religion auseinandersetzte. Die wohl berüchtigtste Werbekampagne des Hauses dürfte jedoch David LaChappelles „Kissing Sailors“ sein, die genau dann auf den Seiten der Magazine erschien, als US-Präsident Bill Clinton 1995 das "Don’t Ask Don’t Tell“-Gesetz verabschiedete.
Martens bringt eine rebellische Energie zurück zu Diesel, die perfekt zur grenzüberschreitenden Ästhetik des Hauses passt. Sein Ziel dabei ist, der Welt zu zeigen, warum Diesel Denim überhaupt so beliebt war. Während seiner ersten Monate bei Diesel vertiefte sich Martens in das Unternehmensarchiv, um Diesel kennenzulernen - wie das Label arbeitet, wo es hingeht und wie man es neu ausrichten kann. Seine erste der Öffentlichkeit vorgestellte Kollektion wird in FS22 die „Denim Library“ sein – eine Kernsammlung von Diesel-Klassikern, die von Saison zu Saison tragbar sind.
Die Zukunft von Diesel
Wie würden Sie Diesels Ästhetik und Ihre Vision für die Brand beschreiben?
„Unsere Pläne für die Zukunft sind eindeutig. Neben dem Fokus als Lifestyle-Brand mit sozialem und ökologisch-nachhaltigem Gewissen verfügen wir über einzigartige Denim-Expertise. Diese wollen wir noch weiter ausbauen.“
„Meine erste große Aufgabe bei Diesel bestand darin, die Lieferkette und unseren Herstellungsprozess zu hinterfragen. In nur sechs Monaten haben wir den gesamten Produktionsprozess des Unternehmens komplett überarbeitet. Wir haben die Diesel Library entwickelt, welche Denim-Essentials beinhaltet. Dazu gehören nicht nur Jeans, sondern auch Kleider, Jacken und andere Basics. Diese sind die Grundpfeiler der Brand, die so konzipiert und entwickelt wurden, dass sie vollständig nachhaltig sind. Die Entwicklung wurde in nur sechs Monaten umgesetzt. Es ist wirklich wahnsinnig, wie schnell diese Veränderung passiert ist. Bei Diesel möchten wir sicherstellen, dass unser Denim so sauber wie möglich ist, da Transparenz Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist.“
Können Sie uns mehr über die neueste Kollektion erzählen?
„Diesel ist für alle da. Unabhängig von persönlichem Hintergrund, Geschlecht oder Alter spricht Diesel jeden Menschen auf irgendeine Weise an. Wir haben versucht, diese Inklusion in der FS22-Kollektion widerzuspiegeln. Die ist so vielseitig und übergreifend konzipiert, damit die Leute unsere Pieces leicht tragen können. Wir wollen die Lebendigkeit und Energie umsetzen, für die die Brand steht. Bei Diesel dreht sich alles um Spaß und Lebensfreude. Wir sind eine aktive Brand und unser Ziel ist, auf experimentelle und unerwartete Weise Spannung zu erzeugen.“
Wo finden Sie normalerweise Ihre Design-Inspirationen?
„Die Inspiration für diese Kollektion basiert auf den Diesel-Klassikern und den Kernwerten der Marke. Wir haben die Key-Styles überarbeitet und mit einem eher konzeptionellen Ansatz kombiniert, der sich neben auffälligen Farben und Grafiken auch in Waschungen, Stoffverarbeitung und gemischten Materialien ausdrückt. Das Label hat eine sehr spezifische und einzigartige Sprache, und ich wollte meine erste kreative Runde bei Diesel damit starten, dass ich die Klassiker der Vergangenheit zelebriere. Es ist verrückt, wie relevant und zeitgemäß viele Archiv-Pieces auch heute noch sind.“
Was sind Ihre Lieblingsteile von Diesel?
„Zuallererst die Denim-Pieces – vor allem die Klassiker aus der Diesel Library-Kollektion. Ich liebe die Jeans mit integrierten Stiefeln, die in den FS22-Showvideos hervorgehoben werden. Sie sind so vielseitig. Auch die experimentelleren Print- und Organza-Smock-Styles mit rissigen Farbmotiven und die psychedelischen Sneakers gefallen mir gut.“
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