Text: JOSEPH FURNESS & LORENZO LANDICHO
Übersetzung: SONJA KROLL
Pünktlich zu Beginn des asiatischen Kalenderjahres feierten weltweit Millionen von Menschen am 1. Februar 2022 den Beginn des neuen Mondjahrs. Zu den Feierlichkeiten zählen unterschiedliche Bräuche und Traditionen − Familienfeiern, das Verschenken roter Geldumschläge und viele kulinarische Spezialitäten sind erst der Anfang.
Wir feiern das kommende Jahr des Tigers und haben mit fünf Mitarbeitern aus dem FARFETCH East Network. Wir erfahren, wie sie das Neujahrsfest verbringen und welchen Einfluss ihre Kultur auf den eigenen Style und ihre Karriere hatte. Thet, Melissa, Lorenzo, Allen und Kim erzählen uns mehr über ihren Start ins neue Mondjahr.
Thet Oo (@thetarina)
Wie feierst du und deine Familie das neue Mondjahr?
In meinem Heimatland Myanmar setzt man sich mit der Familie zusammen und verspeist neben köstlichem chinesischen Essen die typischen, kunstvoll verzierten "Mondkuchen". Es ist ein schöner Anlass, sich so kurz nach der Weihnachtszeit wiederzusehen. Für Kinder ist ein absolutes Highlight: Anlässlich der Feierlichkeiten erhalten sie immer zusätzliches Taschengeld in den schönen roten Umschlägen.
Ist dir eine Lieblings-Markenkampagne zum Mondneujahr aufgefallen?
Ich liebe die Lunar New Year 2022-Kampagne von Balenciaga mit Pablo Rochat. Es freut mich zu sehen, wie er das Wesentliche des Fests einfängt.
Was sind deine asiatischen Lieblingsmarken?
Ich liebe den Minimalismus und die Vielseitigkeit von Helmut Lang – seine Pieces funktionieren im Office genauso gut wie bei einem Event am Abend. Außerdem lasse ich mich von der frischen Energie asiatischer Designer wie Hyein Seo und Rejina Pyo inspirieren.
Wie hat deine Jugend in Asien deinen Stil beeinflusst?
Ich denke, dass mein rebellischer Style eine Reaktion auf die zurückhaltende Kleidung der Frauen in Myanmar ist. Mich inspirieren Menschen, die tragen, was Ihnen gefällt. Normalerweise trage ich entweder lockere Hosen und feminine Crop-Tops. Oder ich kombiniere elegante Seiden-Maxikleider mit einer Oversized-Jacke.
Hast du einen Ratschlag für junge Asiat*innen, die eine Karriere in der Modebranche anstreben?
Zelebriere deine Herkunft. Deine kulturellen Nuancen und dein Hintergrund heben dich von deinen Kollegen ab.
Thets LNY Edit
Melissa Lim (@melissalim89)
Wie feierst du und deine Familie das neue Mondjahr?
Der Großteil meiner Familie lebt in San Francisco. Bei uns gibt es normalerweise ein Bankett. Wir sehen uns die LNY-Parade an und verteilen rote Geldumschläge (auf Kantonesisch nennen wir das lai see). Jetzt, wo ich mit meinem Partner in London lebe, veranstalten wir eine eigene Feier − eine Dumpling-Party zusammen mit unserer zweiten Familie. Dazu gehören Freunde aus Singapur, Kanada, China und Großbritannien. Viele verschiedene Neujahrstraditionen unter einem Dach zusammenzubringen, macht unheimlich viel Spaß.
Als Co-Chair des FARFETCH East Networks arbeite ich mit unserer Community daran, die asiatischen Kulturen im gesamten Unternehmen zu repräsentieren. Wir haben in diesem Rahmen zum Beispiel unsere Serie "Asian Leaders in Luxury" veröffentlicht und organisieren unterhaltsame Community-Events wie Karaoke.
Was sind deine asiatischen Lieblingslabels?
Zu meinen Lieblingsdesignern zählen Susan Fang, die für ihre Pastellfarben bekannt ist, Simone Rocha mit ihren ausgefallenen, romantischen Looks, Yuhan Wangs wunderschön filigrane Designs und Han Chong, bei dem der Fokus auf asymmetrischen Schnitten liegt.
Wer sind deine asiatischen Stilikonen?
Als ich jünger war, habe ich mich nur selten mit Modekampagnen identifizieren können. Also habe ich bei asiatisch-amerikanischen Influencer*innen Inspiration gesucht. Dazu gehören zum Beispiel Chriselle Lim oder Aimee Song. Bis heute bin ich ein großer Fan von ihnen.
Außerdem lasse ich mich von Gemma Chan inspirieren (Wer mich kennt, weiß, dass ich geradezu besessen von ihr bin!) und verfolge Michelle Lees Karriere bei Allure − ihr Artikel über "Monolid Beauty" ist sehr beeindruckend.
Wie hat deine Jugend in Asien deinen Stil beeinflusst?
Als Amerikanerin asiatischer Abstammung in vierter Generation haben mir meine Eltern beigebracht, wie wichtig Disziplin, Integrität und Ausgeglichenheit sind. Diese Werte beeinflussen mich noch heute − in meinem Lebensstil, meiner Einstellung zu Mode und meiner Affinität zu gedeckten Farben, soften Texturen und klassischen Silhouetten. Außerdem habe ich von meinen Eltern viel über Sparsamkeit gelernt. Ich verzichte auf übermäßigen Konsum und investiere lieber in hochwertige Materialien und ressourcenschonende Pieces. Außerdem verleihe und verkaufe ich meine Kleidung regelmäßig auf Secondhand-Märkten.
Als Chinesin, die in einem westlichen Land aufgewachsen ist, gab es Zeiten, in denen ich mich nicht zugehörig gefühlt habe. Ich lehnte meine asiatische Herkunft ab und wollte nicht mehr "orientalisch" aussehen. Zum Beispiel habe ich auf Kleidung verzichtet, die an einen Cheongsam erinnern könnte: das traditionell-chinesische, figurbetonte Kleid. Aber je älter und erfahrener ich wurde, habe ich gelernt, meine eigene Kultur nicht nur zu akzeptieren, sondern auch zu wertschätzen. Es ist das, was mich einzigartig macht. Ich habe mich sogar dazu entschieden, bei meiner Hochzeit ein traditionelles Kleid zu tragen!
Hast du einen Ratschlag für junge Asiat*innen, die eine Karriere in der Modebranche anstreben?
In asiatischen Communitys besteht ein großer Druck, bestimmten Karrierepfaden in Bereichen wie Medizin, Recht und Ingenieurwesen zu folgen. Als ich jünger war, wollte ich einen Job im Silicon Valley anstreben. Dann habe ich aber nach einem Beruf gesucht, der meiner Liebe zu Fashion gerecht wird. Außerdem habe ich realisiert, dass alle Berufe einen Wert haben.
Es ist nicht so wichtig, wo du deine Fähigkeiten entwickelst, sondern dass du sie entwickelst. Man musst nicht zwangsweise da stehenbleiben, wo man eingestiegen ist. Ich habe meine Berufung im Research- and Development Lab von FARFETCH gefunden. Hier kann ich Innovationen in der Luxusbranche umsetzen.
Melissas LNY Edit
Lorenzo Landicho (@lorenzolandicho)
Wie feierst du und deine Familie das neue Mondjahr?
Als ich noch klein war, wurden ich und meine älteren Schwestern von meinen philippinischen Eltern immer erst für ein Fotoshooting perfekt in Szene gesetzt. Danach sind wir dann mit unserer Großfamilie ausgiebig essen gegangen. Wenn wir Glück hatten, bekamen wir rote Geldumschläge von unseren Großeltern und Tanten. Heute fühlt sich jeder zweite Sonntag für mich wie eine Neujahrsfeier an, da ich an diesen Tagen meinen Vater besuche und wir Schweinebauch und Meeresfrüchte mit Nudeln essen.
Welche Brand-Kampagne hat dir besonders gefallen?
Mir hat Nikes Mondneujahrskampagne 2020 mit dem Titel "The Great Chase" sehr gefallen. Die Werbung drehte sich um eine Tante, die versucht ihrer Nichte den ikonischen roten Umschlag zu überreichen. Jahr für Jahr setzt das Mädchen alles daran, das Geschenk nicht anzunehmen − ihre Nike-Sneakers helfen ihr dabei.
Wer sind deine asiatischen Stilikonen?
Als ich jung war, haben mich die Teriyaki Boyz inspiriert. Ich bewundere Ihre einzigartige Interpretation von Streetwear-Styles.
Was sind deine asiatischen Lieblingslabels?
Ich war schon immer ein Fan von Hiroki Nakamuras Visvim. Es ist atemberaubend, wie die Brand japanische und amerikanische Designcodes mit besonderer Handwerkskunst vereint.
Wie hat deine Jugend in Asien deinen Stil beeinflusst?
Während meiner Jugend hatte ich keinen Kleiderschrank voller Luxusbrands. Währenddessen habe ich gelernt, dass Kleider keine Leute machen, sondern umgekehrt.
Ich würde sagen, mein Stil ist von meinen Eltern inspiriert. Meine Mutter stöbert gerne auf dem Markt oder in Charity-Shops nach pre-owned Pieces. Andererseits hat mich die tiefe Wertschätzung meines Vaters für bestimmte Klassiker geprägt − nämlich Denim, extravagante Hemden, elegante Blazer und Westen.
Hast du einen Ratschlag für junge Asiat*innen, die eine Karriere in der Modebranche anstreben?
Erstens würde ich sagen, dass Lebenserfahrungen für die persönliche und berufliche Entwicklung genauso wichtig sind wie Berufserfahrung. Zweitens: Sei stolz auf deine Herkunft und bedanke dich bei den Menschen, die dir auf deinem Weg geholfen haben. Außerdem sollten wir immer daran denken, dass Wachstum nicht linear ist. Es ist wichtig, dem eigenen Weg zu vertrauen.
Lorenzos LNY Edit
Allen Lin (@lennytuti_a)
Wie feierst du und deine Familie das neue Mondjahr?
In Taiwan versammeln sich Familien am Neujahrsabend, um mit kulinarischen Spezialitäten aus verschiedenen Ländern zu feiern. Genau dann werden auch die roten Geldumschläge ausgetauscht. Als Kind hing ich den ganzen Abend an meinen Eltern und fragte sie ständig, wann ich endlich meinen Umschlag bekäme, damit ich ihn unter mein Kopfkissen legen konnte.
Welche Brand-Kampagne hat dir besonders gefallen?
Mir hat Pradas Lunar New Year-Kampagne 2020 mit dem Titel "Coming Home" sehr gefallen. Wie der Name schon sagt, ging es bei der Kampagne um das Wiedersehen von Familien.
Was sind deine asiatischen Lieblingslabels?
Meine asiatischen Lieblingsbrands sind Issey Miyake, Yohji Yamamoto und ATTACHMENT.
Wer sind deine asiatischen Stilikonen?
Naomi Watanabe zählt zu meinen Style-Vorbildern. Mir gefällt, dass sie mutig und immer sie selbst ist.
Wie hat deine Jugend in Asien deinen Stil beeinflusst?
Die Taiwanesen sind stark von der japanischen Kultur beeinflusst − besonders, wenn es um Mode und Innenarchitektur geht. Deswegen verleihe auch ich meinem Stil einen Hauch Japan.
Hast du Ratschläge für junge Asiaten, die eine Karriere in der Modebranche anstreben?
Das Wichtigste ist viel Interesse und Spaß am Job.
Allens LNY Edit
Kim Namkyeong (@namkyeongs)
Wie feierst du und deine Familie das neue Mondjahr?
Das Mondneujahr ist einer der wichtigsten Feiertage in Korea − es dreht sich alles um die Familie! Unsere Großfamilie versammelt sich immer am Abend vor Neujahr im Haus meiner Großeltern.
Am Mondneujahr führen wir ein Ahnenritual durch, bei dem wir Seolbim (neue Kleidung) oder Hanbok (traditionelle Kleidung) tragen, um unseren Vorfahren unseren Respekt zu erweisen. Nach einem langen Tag mit vielen Vorbereitungen in der Küche startet der Spieleabend und wir singen Karaoke.
Welche Brand-Kampagne hat dir besonders gefallen?
In Korea muss man am Neujahrsfest nicht zwangsläufig Rot oder Gold tragen. Deswegen hat mir auch Guccis pastellfarbener Ansatz für das Jahr des Tigers so gefallen.
Was ist dein asiatisches Lieblingslabel?
Ich liebe klassische Pieces, die den Test der Zeit bestehen. Im Moment setze ich auf LVIR − die Knitwear der Brand ist besonders schön.
Wer sind deine asiatischen Stilikonen?
Ich bewundere den zeitlosen Stil von Kim Min-hee. Als ich sah, dass Ihr Look von vor 10 Jahren heute nicht weniger modern ist, war ich sehr überrascht. Obwohl sich die Schauspielerin heutzutage nicht mehr so oft in der Öffentlichkeit zeigt, nehme ich mir ihren Stil immer noch zum Vorbild.
Wie hat deine Jugend in Asien deinen Stil beeinflusst?
Seit ich denken kann, wusste ich, dass meine Mutter Mode liebt. Als Kind bin ich oft mit ihr und meinen Tanten einkaufen gegangen − wir haben Outlet-Malls besucht, um seltene Schätze ausfindig zu machen. Heute genieße ich es immer noch, einzigartige Pieces aufzustöbern. Natürlich hat dieses Hobby auch meinen Stil beeinflusst.
Hast du einen Ratschlag für junge Asiaten, die eine Karriere in der Modebranche anstreben?
Immer am Ball bleiben. Sei dir bewusst, dass du gut in deinem Job bist, mache das Beste aus jeder Situation und nutze jede Gelegenheit.
Kims LNY Edit
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